Am 12. Februar ist der internationale Tag gegen den Einsatz von Kindersoldaten – ein Tag, der uns daran erinnert, dass weltweit tausende Kinder in bewaffneten Konflikten kämpfen müssen. Statt zur Schule zu gehen oder zu spielen, werden sie gezwungen Waffen zu tragen und Gewalt auszuüben. Diese Kinder verlieren nicht nur ihre Kindheit, sondern oft auch ihre Zukunft. Der Einsatz von Kindersoldaten ist eine der schlimmsten Formen von Kindesmissbrauch.
Impulse für Väter
Ist die Welt verrückt geworden? In der Tagesschau sehe ich Bilder aus Gaza von Kindern, die mit Maschinengewehren posieren. Danach folgt die Meldung: Jeder zehnte neu eingestellten Bundewehrsoldat ist minderjährig, insgesamt 20.284 waren 2203 bei Dienstantritt erst 17 Jahre alt. Würde ich wollen, dass mein Kind zum Dienst an die Waffe geht?
Das Wettrüsten in der Welt und in Europa läuft auf Hochtouren. Nur mal nachgerechnet: Ein Verteidigungsetat von 210 Milliarden Euro, der 5% des geschätzten deutschen BIP als kolportiertes Nato-Ziel entspricht, würde etwa 43% des gesamten Bundeshaushalts ausmachen. Also fast jeder zweite Euro für Waffen und Co. Frieden schaffen durch Waffen, kann das denn wirklich die Lösung für die Konflikte in der Welt sein? Während in der Kita Flyer zur gewaltlosen Kommunikation ausliegen? Wie schütze ich meine Familie denn ohne Gewalt in einer gewalttätigen Welt?
Wir haben Krieg in Europa. Zwischen Berlin und Kiew liegen gerade einmal etwas mehr als 1.000 km Luftlinie, das sind zwei Stunden mit dem Flugzeug und zwölf Stunden mit dem Auto. Wie viel näher wird uns der Krieg noch kommen? Ist er nicht längst bei uns, wenn meine Kinder zusammen mit ukrainischen und russischen Kindern erst zur Schule und später zum Malkurs gehen?
Dazu noch ein paar Gedanken:
Was bedeutet Frieden für uns, dort wo wir wohnen? Ziehen wir uns in „unsere“ Stadtteile zurück, gehen in „unsere“ Schulen und verbarrikadieren wir uns notfalls hinter Sicherheitskameras in „unseren“ Gated Communities und mit eigener Bürgerwehr? Welche Vorstellungen haben wir von einem guten und friedlichen Zusammenleben?
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Welche Gruppen und Konflikte gibt es bei direkt uns? Welche Grenzen trennen uns voneinander und wo gibt es Räume der Begegnung, wo könnten sie entstehen?
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Wo beginnen und enden Respekt und Toleranz füreinander? Welche Mittel zur Eskalation und Deeskalation von Konflikten können wir einsetzen?
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Wie kann ich mit meinen Kindern über Krieg reden?
„Das Land von Lola hat das Land von Miri angegriffen. Wegen Krieg sind die hier“, sagt meine kleine Tochter plötzlich. Wieder einer dieser Moment, in denen mir eine passende Erklärung fehlt, etwa wie diese hier:
„Weißt du, manchmal streiten Menschen so sehr, dass sie nicht mehr miteinander reden können. Stell dir vor, zwei Kinder auf dem Spielplatz wollen dieselbe Schaukel haben, aber keiner will nachgeben. Genau so ist es manchmal zwischen Ländern – nur dass sie statt Worten leider Gewalt benutzen. Das ist sehr traurig, weil dabei viele Menschen leiden. Aber es gibt auch viele Menschen auf der Welt, die versuchen, dass solche Streite aufhören und wieder Frieden herrscht.“
Gelegentlich heute noch, und ganz besonders häufig als Kind, habe ich meine Phantasie genutzt, um mich vor der Kälte und Dunkelheit der Wirklichkeit zu verstecken. Ich kann mir nur schwer vorstellen, wie viel Phantasie ein Kind aufbringen muss, dass von Krieg und Tod bedroht wird.
Der Karton – Eine Geschichte über Kinder im Krieg
Die Nacht war schwarz wie Tinte, durchbrochen nur vom flackernden Schein brennender Ruinen. Das kleine Mädchen namens Elena, nicht älter als sieben Jahre, lief barfuß durch die zerbombte Straße. Ihre Füße waren schmutzig, ihre Wangen von Tränen verschmiert. Sie rief immer wieder nach ihrer Mutter, doch ihre Stimme war heiser und klang im Nichts der zerstörten Stadt verloren. Die Welt um sie herum war ein Labyrinth aus Schutt und Asche, und die Stille zwischen den gelegentlichen Explosionen war fast noch schrecklicher als der Lärm.
Plötzlich tauchte eine alte Frau aus den Schatten auf. Ihr Gesicht war zerfurcht, ihre Augen voller Sorge. „Komm her, Kind“, rief sie mit zittriger Stimme und winkte Elena zu sich. „Du kannst nicht allein hier draußen bleiben.“ Elena zögerte, doch die Wärme in der Stimme der Frau gab ihr Mut. Sie machte einen Schritt auf sie zu.
In diesem Moment ertönte der ohrenbetäubende Raketenalarm. Der Himmel wurde von einem grellen Licht durchzuckt, und ein ohrenbetäubendes Dröhnen ließ die Erde beben. Feuer regnete vom Himmel, und die alte Frau verschwand in einer Wolke aus Staub und Rauch. Elena schrie, doch niemand hörte sie.
Dann wurde alles still.
Elena öffnete vorsichtig die Augen. Der Lärm war verschwunden, und der Himmel über ihr war plötzlich voller Farben – ein leuchtendes Feuerwerk aus Purpur, Gold und Blau. Es war wunderschön, fast magisch. Die zerstörte Straße vor ihr hatte sich verändert. Mitten in den Trümmern stand ein Karton – unscheinbar und doch seltsam einladend.
Vor dem Karton stand ein feines Wesen, das aussah wie aus einem Märchenbuch entsprungen. Ihre Augen leuchteten in einem einzigen Farbton wie Edelsteine, ihre Haut war fast durchsichtig, und sie trug ein purpurnes Kleid mit einer funkelnden Krone auf dem Kopf. Das kleine Mädchen wusste sofort: Das musste die Traumfee sein, von der ihre Mutter so gerne erzählte. Die Fee sprach kein Wort, doch ihre Gesten waren klar. Sie winkte das Kind zu sich.
Elena zögerte nicht lange. Sie spürte eine seltsame Geborgenheit in der Nähe der Fee und kroch in den Karton hinein. Doch was sie darin fand, raubte ihr den Atem: Der Karton war von innen unendlich groß – eine Feenwelt voller Blumenwiesen, glitzernder Seen und strahlendem Sonnenschein erstreckte sich vor ihr. Schmetterlinge tanzten in der Luft, und sanfte Musik erfüllte die Ohren des Mädchens. Es fühlte sich sicher, geborgen – fast so, als wäre es wieder bei seiner Mutter.
Die Traumfee lächelte sanft und schloss den Karton hinter dem Mädchen. Sie blieb draußen stehen wie eine Wächterin und bewachte das Kind vor allem Schrecken der Welt.
Ende für Kinder:
Am nächsten Morgen fand ein Soldat den Karton inmitten der Trümmer. Er hob ihn vorsichtig auf und öffnete ihn – darin lag das kleine Mädchen, friedlich schlafend wie ein Engel. Er atmete erleichtert auf und trug den Karton zu einer Sammelstelle für Überlebende. Es dauerte nicht lange, bis Elenas Mutter gefunden wurde. Als sie ihr Kind in die Arme schloss, flüsterte sie: „Die Traumfee hat mich beschützt.“ Die Mutter drückte sie fest an sich und weinte vor Erleichterung. Der Soldat sah ihnen nachdenklich hinterher. Als er später zurückkehrte, um den Karton zu holen, war er verschwunden – als hätte er nie existiert.
Alternatives Ende für Erwachsende:
Als der Morgen graute, fand ein Soldat den Karton inmitten der Trümmer. Sein Herz klopfte, als er ihn vorsichtig öffnete. Darin lag Elena, ihre Augen geschlossen, als schliefe sie friedlich. Doch als er ihre kalte Hand berührte, wusste er die grausame Wahrheit. Der Soldat, ein Mann namens Andrej, spürte, wie sich sein Hals zuschnürte. Elenas blasses Gesicht erinnerte ihn an seine eigene Tochter zu Hause. Für einen Moment sah er nicht mehr das fremde Mädchen vor sich, sondern sein eigenes Kind. Tränen schossen ihm in die Augen, und er musste sich abwenden.
Mit zitternden Händen hob er den Karton auf. Elena wog fast nichts, als hätte der Krieg ihr jede Substanz geraubt. Andrej trug sie zurück zum Stützpunkt, vorbei an Ruinen und anderen stummen Zeugen der Zerstörung. Am Rande des Lagers gab es eine einsame Birke, dort wollte er sie heute Abend begraben.
Wenn er bis dahin überlebte.